Chronik

Die 100-jährige Geschichte unseres Vereins

(erlebt und erzählt  von den fleißigen Bienen der Südsteiermark)

 

Schon lange vor der Jahrhundertwende gab es in Leibnitz und der weiteren Umgebung uns Bienen und auch fleißige Imker. Der Markt Leibnitz war im 19. Jahrhundert wie der Großteil der Südsteiermark von der Landwirtschaft und vom Obstbau geprägt. Das Leibnitzer Feld, das Sulmtal, das umliegende Hügelland, damals ein wahres Schlaraffenland für uns. Manche Imker in der Region, ganz besonders bemüht uns gut zu pflegen, waren bereits seit dem 19.Jahrhundert Mitglieder beim Steirischen Landesbienenzuchtverein Graz und diese rührigen Männer beschlossen 1905 die Gründung eines eigenen Vereins.

Eine Imkerfamilie um 1910

Unter dem Gründungsobmann Anton Kortschak aus Leibnitz fanden sich sehr schnell viele Imker in dieser neuen Organisation ein. Dazu zählten der erste Kassier des Vereins Franz Essler, Wachmann aus Leibnitz, Alois Waiker, Besitzer aus Landscha und vor allem die Brüder Anton, Friedrich und Michael Hochegger aus Vogau. Der Verein zählte recht bald über 100 Mitglieder aus der ganzen Umgebung. Imker aus den Ortschaften Gabersdorf, Neudorf, Laubegg, Straß, Vogau, Ehrenhausen, Gamlitz, Spielfeld, Gleinstätten, Tillmitsch, Gralla und Lebring waren um unser Wohl besorgt.

In den Jahren des 1.Weltkriegs verloren wir leider sehr viele unserer Bienenväter und zu Kriegsende wurden unsere wenigen verbliebenen Stöcke auch noch geplündert. Doch der rührige Vereinsausschuss baute nach dem Krieg sehr schnell wieder die Imkerei und das Vereinswesen auf und schon 1919 gab es wieder weit über 100 emsige Imker und Vereinsmitglieder. Nun entstand auch die Wanderimkerei, eine schöne Zeit, wir begannen zu reisen! Unsere Imker wanderten mit uns in die Obersteiermark, vornehmlich in das Gebiet rund um Leoben. Seinerzeit kamen aber auch die Obersteirer mit ihren Bienen zu uns – sozusagen im Schüleraustausch – und wanderten die beliebte Heidentracht an. Wir hatten damals eine hohe Bedeutung und Anerkennung: Da hatte z.B. der Schuldirektor Friedrich Sedineg 1920 einen Lehrbienenstand in der Bürgerschule in Wagna und uns auch im Leibnitzer Marenzipark aufgestellt, denn dort gab es sehr viele Marillenbäume! Mitten im Markt. Ging es uns gut …  Im Jahr 1924 verstarb leider unser Oberweisel, der Gründungsobmann Anton Kortschak, die Obmannstelle übernahm Anton Hochegger.

Schleuderung im Hochegger-Bienenwagen Sommer 1946

Um diese Zeit begann auch die Hochblüte der Hochegger-Dynastie und eine jede einzelne Biene war stolz darauf dazu zu gehören! Anton Hochegger baute eine Großimkerei auf, die sehr bald über 1000 (!) Bienenvölker zählte. Mit den Hochegger-Bienenwagen-Komfortwohnungen, die ihresgleichen suchten, wanderten wir in die Obersteiermark zur Waldtracht. Altimker könnt ihr euch erinnern? Sehr bald reisten wir Hochegger-Bienen aber höchst modern in die Obersteiermark. Mit Sonderzügen und unter Dampf ging es nach Norden! Im der Großimkerei Hochegger wurden auch Imkergesellen ausgebildet, so lernten z.B. Franz Liebhart (später Erwerbsimker) und Franz Trampusch das Imkerhandwerk und wurden gute und treue Bienenväter. Ein sehr schönes Zeitzeugnis von der Hochegger-Hochblüte steht mit der Schmidtvilla, die bis vor kurzem noch „Villa Bienenfleiß“ hieß, noch in der Quergasse .

Eine schwere Zeit für uns und den Bienenzuchtverein waren auch die Kriegsjahre 1939 – 1945. Der zweite Weltkrieg hinterließ auch bei den Bienenständen in der Südsteiermark seine furchtbaren Spuren. Viele Imker kehrten nicht mehr heim, wir waren stark dezimiert und für die wenigen Völker gab es auch keinen Zucker. 1943 traf dem Verein ein weiterer Schlag. Obmann Anton Hochegger erlag einer schweren Krankheit. Für zwei Jahre übernahm nun Amtsarzt Dr.Haßmann die Obmannstelle, ehe 1945 ein weiterer großer Leibnitzer Imker die Vereinsbühne betrat und unser Oberweisel wurde. Mit Josef Flick und vor allem dem Kriegsende ging es im Bienenzuchtverein wieder steil nach oben. Den Wiederaufbau trieben neben Obmann Flick vor allem Josef Lorenz (Kassier), Josef Rauscher (Schriftführer), Karl Waiker, Alois Größbauer, Alois Andrä, Franz Liebhart und Franz Scherr zügig voran. Schon 1946 gab es bereits wieder 66 Vereinsmitglieder.
1948 vermelden unsere Bienenväter voll Stolz: „Wir haben ein Vereinsheim! Unsere Herbergsleute sind Anna und Hans Rohrer, Gastwirte in der Schmiedgasse“. 1955 war der Verein 50 Jahre jung, zählte 83 Mitglieder und feierte im Vereinsheim Rohrer dieses runde Jubiläum im Kreise seiner Mitglieder, Ehegattinnen und Gäste. Den ersten Imkerausflug gab es 1958, da wurde der große Kärntner Imkermeister Peschetz in Brückl aufgesucht. Leider ohne uns, nicht bei jeder Reise durften wir teilhaben, aber uns wurde von einem „wunderschönen Maientag und einer beeindruckenden Fahrt vorbei am Wörthersee“ berichtet.

 

Im Dezember 1959 verstarb das letzte Gründungsmitglied des Vereins Herr Franz Essler. Wir trugen Trauer. 1961 hatte unser Verein wieder 100 Mitglieder und auch drei Imkermeister mit Alois Andrä aus Leibnitz, Martin Schauer aus Vogau und Raimund Zimmermann aus Gabersdorf, er ist noch heute Vereinsmitglied und rühriger Bienenvater. Der Honigpreis für 1 kg betrug 1962 öS 30,– für Blütenhonig und öS 28,– für Kastanienhonig. 1964 gab es eine große Auszeichnung für unseren Großimker Franz Scherr aus Heimschuh. Bei einem Wettbewerb des Landesverbandes Steiermark wurde sein mustergültig geführter Bienenstand mit dem 1.Preis bedacht. Dem konnten wir nur beipflichten.
1965 bekommt der Bienenzuchtverein einen neuen jungen Obmann, nachdem Josef Flick nach 20 Jahren aus Altersgründen zurücktritt. Josef Frohmann, bereits als Schriftführer tätig sollte die Geschicke des Vereins 27 Jahre (!) leiten und ist damit der am längsten dienende Vereinsobmann in der 100-jährigen Geschichte. Leider bereits zwei Jahre später verstirbt unser Ehrenobmann Josef Flick.

 

Im Rahmen der 1000-Jahr-Feier der Stadt Leibnitz richtet der Bienenzuchtverein Leibnitz anlässlich seines 65-jährigen Bestandes eine Großveranstaltung aus. Vom 19. – 21. September wurde das Bundeszüchtertreffen in Leibnitz abgehalten und es konnten Gäste aus ganz Österreich sowie aus Deutschland, Ungarn, Südtirol und Jugoslawien begrüßt werden. Eine große Lehr- und Leistungsschau mit Festsitzung gab es in den Arbeiterkammersälen. Freistände im Hof (eine ziemliche Aufregung für uns), einen Bunten Abend im Schlosskeller Seggau und eine Imkermesse in der Stadtpfarrkirche. Unter der Initiative unseres Vereinsmitglieds Alfred Walitsch und unter tatkräftiger Mithilfe der Imker Frohmann, Strohmaier, Allwinger, Liebhart und Trampusch werden 1972 in Wagna 82 Bäume und Sträucher zur Bienenweideverbesserung gepflanzt. Nachträglich: Danke lieber Alfred!
Für eine tolle trachtverbessernde Maßnahme sorgt zwei Jahre später unser Vereinsmitglied Hofrat Dipl.Ing. Berthold Kaltenbäck, er veranlasst, dass nach den Flussregulierungen an der Sulm, Saggau und Laßnitz Bienenweidepflanzen an den Flussufern gepflanzt werden. Berti auch dir vergessen wir das nie. 1978 zählt unser Verein 109 Mitglieder, beim Versammlungsnachmittag vom 11.2. ist erstmals der Name Josef Ulz zu lesen. Der jetzige Präsident und Österreichs absoluter Oberweisel war als Wanderlehrer erstmals beim Leibnitzer Verein zu Besuch. In der Imkerversammlung vom 3. Feber 1980 wurden uns schwere Zeiten angekündigt, denn erstmals wird die Varroamilbe erwähnt, die von Osten kommend uns zu bedrohen schien. 1980 war leider gar kein gutes Honigjahr, wir bemühten uns sehr, aber mehr als 8 kg je Volk schafften wir einfach nicht.

Das Jahr 1980 war für unseren Verein von einer Großveranstaltung geprägt, dass 75-jährige Jubiläum wurde gefeiert. Eine Wucht was da unsere Bienenväter auf die Beine stellten: Lehr- und Leistungsschau, Bundeszüchtertreffen mit 500 Imkern aus ganz Österreich, bunter Abend, steirische Messe und eine ganze Woche Ausstellung mit uns als Mittelpunkt! Ein treuer Weisel, Alois Andrä (langjähriger Obmannstellvertreter) war seit 1933 im Verein verabschiedete sich 1982 für immer. Wir waren sehr traurig. 1983 hatte unser Verein 115 Mitglieder und im Durchschnitt betreuten die Imker 24 Völker. 1984 waren wir äußerst fleißig, einzig unsere Bienenväter hatten keine Freude: Im Schnitt gab es über 30 kg Melezitosehonig. 1985 war es dann soweit, die Hiobsbotschaft erreichte unsere Imker aus der Radkersburger Gegend: Die Varroa hat erstmals voll zugeschlagen, hunderte Völkerverluste waren zu verzeichnen. Somit war bei den Leibnitzer Imkern die Stockwindel wieder hochmodern! Aber auch wir haben seitdem stark mit der Varroa zu kämpfen und unsere Bienenväter verzweifelten in dieser ersten schweren Zeit beinahe. 1988 meldeten sich 33 Imker – bienenlos geworden – vom Verein ab.

Die Imker beim Erntedankfest 1993

Seit 1989 ist unser Verein stolzer Besitzer einer Vereinsbibliothek, die noch dazu öffentlich zugänglich ist. Beinahe 50 Bücher über uns und die Imkerei sind in der Stadtbibliothek verfügbar. 1992 standen wir erstmals auf dem Prüfstand, denn da nahmen einige unserer Imker an der Honiguntersuchungsaktion teil. Die Ergebnisse waren sehr erfreulich, was uns nicht verwunderte, schließlich schuften wir vorbildlich. Aber auch ein trauriges Jahr war 92. Unser Oberweisel Josef Frohmann verstarb völlig unerwartet, ein ganz Großer des Leibnitzer Bienenzuchtvereins hat uns verlassen. Sein Fleiß für den Verein war selbst uns ein Vorbild.

Sentimentalitäten können wir uns aber nicht erlauben und wie bei uns eine Königin der anderen folgt, hat auch der Bienenzuchtverein Leibnitz sehr schnell einen neuen Oberweisel gekürt. Rudolf Sackl schon seit Jahren ein rühriges und aktives Mitglied im Verein und im Ausschuss tritt nun ganz an die Spitze. Seit rund sieben Jahren befreien uns unsere Bienenväter mit Apistan und Bayvarol einmal im Jahr von der lästigen Varroamilbe. Nun werden aber erste Stimmen laut, die vermelden, dass die Wirksamkeit nachzulassen beginnt. Unsere Imker sind wieder einmal in der Öffentlichkeit präsent, indem beim Erntedankfest ein wunderschöner Informations- und Verkaufsstand betrieben wird. Ein treues Vereinsmitglied verstarb im Jänner 1996 mit Karl Sgarz. Er war uns ein liebevoller Bienenvater und über 40 Jahre fühlten wir uns unter seiner Obhut sehr wohl. Übrigens hat seit dem Jahr 1996 unser Bienenzuchtverein den Zusatz „Leibnitz und Umgebung“, schließlich handelt es sich bei uns ja um multikulturelle Bezirks-Carnicas. Ein Höhepunkt des Jahres 1996 war sicher die 90-Jahr-Feier.

Im Dienste der Allgemeinheit die Imker unseres Vereins bei der Aktion "Leibnitz lädt ein" hilft Licht ins Dunkel.

Die Bundesversammlung des ÖIB, eine Festsitzung, Ehrungen, das alles im wunderschönen Rahmen des Schlosses Gleinstätten. Kaum zu glauben, aber 1998 ist unser Oberweisel Rudi Sackl bereits 60 Jahre und bekommt sozusagen als Ehrengeschenk die Aufgabe des Bezirksobmanns übertragen. Harte Zeiten in den Spätherbsten auch für uns: Schwere Geschütze gegen die Varroa werden aufgefahren und so mancher Bienenvater ist noch verunsichert, ob er mit der gewählten Dosierung an Ameisensäure uns hilft oder schadet. Mit Karl Allwinger verlässt den Verein ein ganz treuer und langjähriger Imker und Funktionär und seine Bienen für immer. 60 Jahre war er für uns da. Unser Oberweisel war 2001 wieder einmal besonders aktiv und holte die Wanderlehrer-Arbeitstagung in die Südsteiermark in das schöne Schloss Seggau. Mehr als 200 Personen waren beeindruckt von der schönen Südsteiermark im Spätsommer. In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends plagt uns die Brutkrankheit „AFB“, noch dazu will man unsere Flugfreiheit wegen der Feuerbrand-Infektionsgefahr einschränken. Unsere Bienenväter sind aber stets sehr um uns bemüht und wir alle gemeinsam fiebern eigentlich nur einem Ereignis entgegen: Endlich 100 Jahre jung zu sein…