Phänologischer Kalender

Im Alltagsleben teilen wir das Jahr in vier Jahreszeiten ein. Es gibt jedoch auch noch eine feinere Einteilung in zehn biologisch begründete „phänologische Jahreszeiten“, die Jahreseinteilung nach Erscheinungen in der Pflanzenwelt.


 

Im Unterschied zu den astronomischen oder kalendarischen Jahreszeiten sind die phänologischen Jahreszeiten nicht jedes Jahr gleich. Diese sind abhängig von den Jahr für Jahr zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsetzenden Entwicklungen in der Natur. Jeder phänologischen Jahreszeit sind deshalb Zeigerpflanzen zugeordnet. So beginnt zum Beispiel der Vollfrühling mit der Apfelblüte – und die tritt von Jahr zu Jahr und auch von Region zu Region zu unterschiedlichen Kalenderzeiten auf.


 

In welchem Stadium sich die Pflanzen befinden, gibt mehr Aufschluss darüber was die Bienen gerade tun und in welchem Entwicklungsstadium sie sich befinden, als die astronomische Jahreszeit. Die Imker sind sorgfältige Beobachter der Natur und reagieren mit erforderlichen pfleglichen Maßnahmen an den Bienenvölkern aufgrund der Fortschritte im unmittelbaren Lebensraum der Bienenvölker. Die Entwicklung der Zeigerpflanzen und somit der phänologischen Kalender sind eine große Unterstützung für jeden Bienenhalter.

Nachstehend die 10 phänologischen Jahreszeiten:

Vorfrühling, Erstfrühling, Vollfrühling, Frühsommer, Hochsommer, Spätsommer, Frühherbst, Vollherbst, Spätherbst, Winter.

Der Vorfrühling

Zeigerpflanzen:

Hasel, Schneeglöckchen, Winterling, Kornelkirsche und endet mit dem Beginn der Salweidenblüte.

Imkerliche Tätigkeiten:

Futterkontrolle

Mit beginnender Bruttätigkeit steigt der Futterbedarf im Bienenvolk rasant an. Eine Kontrolle des Futtervorrates ist zu dieser Zeit eine wichtige Aufgabe des Imkers. 


Wärmehaushalt

Das Verhältnis zwischen pflegenden Bienen und Bienenbrut wird mit zunehmender Bruttätigkeit immer kritischer. Die Winterbienen müssen große Brutbereiche warm halten, Sommerbienen fehlen noch. Wichtig daher: Offene Gitterböden sind zu schließen, Dämmung im Deckel ausreichend und dicht (4 cm und mehr) und zunehmend arbeiten auch unsere Imker mit dem angepassten Brutraum. Hier werden die noch wenig bebrüteten Waben beidseitig mit Wärmeschieden eingegrenzt.

Bienentränke aktivieren

Je näher für die Bienen ein ständiges Wasserangebot ist, desto weniger Verlust an – zu dieser Jahreszeit sehr wertvollen – Flugbienen gibt es.

Der Erstfrühling

Zeigerpflanzen:
Salweide, Forsythie, Kirsche, Pflaume und Birne, Löwenzahn und Ahorn; 
Laubentfaltung von Birke und Buche.

Imkerliche Tätigkeiten:

Futterkontrolle

Es gibt bereits ausgedehnte Brutflächen und dementsprechend steigt der Futterbedarf. Durchaus möglich dass einzelne Bienenvölker bereits eine Hilfe des Imkers durch Fütterung bedürfen. Idealerweise Flüssigfutter, welches nahe am Bienensitz gereicht wird. Futterteig ist um diese Zeit eher kritisch. Für dessen Verarbeitung brauchen die Bienen Wasser und somit flugtaugliche Temperaturen. 


Wärmehaushalt

Beim angepassten Brutraum wird eine Erweiterung mit 1 – 2 Waben (je nach Wabenmaß) erforderlich sein. Der Gitterboden bleibt weiter geschlossen. Für Imker die mit dem Baurahmen arbeiten: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für dessen Einsatz.

Milbenkontrolle

Im Erst- und weiters im Vollfrühling ist eine Diagnose (einfachste Methode: eingeschobene Windel) wichtig. Wenn der tägliche Milbenabfall um diese Zeit bei maximal 0,5 Milben liegt kann davon ausgegangen werden dass das Bienenvolk ohne Probleme bis in den Sommer kommt. 


Honigraum aufsetzen

Die starken Völker benötigen zur Kirschblüte schon einen Honigraum. Zu beachten ist, dass größere Futterkränze auf den Brutwaben und ein eingelegtes Absperrgitter die Annahme des Honigraums erschweren.

Der Vollfrühling

Zeigerpflanzen:
Ende der Kirschblüte, Birne, Apfel, Himbeere, Rosskastanie, Blutberberitze, Mahonie, Stieleiche.
Auffällig sind die Fliederbüsche mit ihrem starken Duft. Sie werden eher selten von Bienen besucht, in nassen Jahren scheint es jedoch einen Nektarfluss zu geben. Die Stiel-Eiche hat unscheinbare Blüten in Form von männlichen Blütenkätzchen.

Imkerliche Tätigkeiten:

Futterkontrolle

Nun steigert sich der Futterverbrauch der Bienenvölker enorm. Es sind schon große Brutflächen zu versorgen und der Generationenwechsel ist noch nicht ganz abgeschlossen. Also: Wir müssen weiter sehr achtsam sein was die Futterbestände betrifft, vor allem wenn die Obstblüte nicht gut genutzt werden kann.

Fluglöcher

Diese sind mit dem Einsetzen der ersten Volltracht über die gesamte Breite zu öffnen, damit genügend Luft in die Beute kommt.

Wärmehaushalt

Nach wie vor sehr wichtig ist eine gute Unterstützung der Bienen hinsichtlich des Wärmehaushaltes. Jene Imker:innen die mit Schieden und Jumbowaben arbeiten müssen sehr achtsam sein, dass die Königin innerhalb der Schiede genug Platz zum Brüten hat. Regel: Wenn etwa 80 % der Flächen innerhalb der Schiede bebrütet sind, muss mit einer Wabe (ideal: halbleer mit Futterkranz) erweitert werden. Alternativ dazu kann auch eine Mittelwand gegeben werden, aber da müssen die Bienen für den Baureiz schon Tracht verspüren. Viele Imker:innen geben außerdem hinter einem Schied einen Baurahmen, dessen Ausbau ein untrügliches Zeichen für eine einsetzende Tracht ist.

Honigraum aufsetzen

Vor allem Imker mit einem Brutraum (Jumbo) müssen nun rechtzeitig mit dem Honigraum kommen, das gilt aber sicher auch für die konventionelle Betriebsweise mit zwei Bruträumen im Einheitsmaß. Der Nektar ist um diese Zeit sehr nass – bis zu 80 % Wassergehalt – da brauchen die Bienen viele Zellen zum „Aufhängen“ der Tröpfchen. Völker mit Flachzargen als Honigraum benötigen daher mitunter sehr bald den zweiten Honigraum. Auf keinen Fall bis zur beginnenden Verdeckelung im ersten Honigraum zuwarten, weil dann werden im Brutraum Futterkränze angelegt.

Brutraumerweiterung auf Zeit

Eine gute Möglichkeit der sicheren Annahme einer Honigraum-Flachzarge ist diese vorerst ohne Absperrgitter aufzusetzen. Dann geht die Königin in die Flachzarge und baut dort ein kleines Brutnest auf. Nach etwa 10 - 14 Tagen – wird die Königin gesucht und in die untere Einheit gegeben – das Absperrgitter kann nun eingelegt werden. Fazit: Die Bienen besetzen ganz sicher den Honigraum!

Der Frühsommer

Zeigerpflanzen:
Auch wenn der schwarze Hollunder keine Trachtpflanze für unsere Honigbiene darstellt, wird er immer wieder als Zeigerpflanze für den Frühsommer angeführt. Eine mitunter sehr ergiebige Zeigerpflanze ist die Akazie (Robinia pseudoacacia). Wurde sie vom Frost verschont und passen Temperaturen und Luftfeuchte, dann geht es rund am Flugloch. Auch die Waldtracht beginnt in niederen Höhen. Im Hausgarten blühen im Frühsommer der Borretsch und der Salbei, auf den Wiesen beginnt der Weißklee zu blühen. Auch die Himbeerblüte zieht sich in den Frühsommer.

Imkerliche Tätigkeiten:

Schwarmkontrolle

Der Mai wird mit gutem Recht auch als Bienenmonat bezeichnet, denn er kann alles bieten was den Imker:innen gefällt oder auch nicht. Neben schönen Zunahmen im Honigraum ist der Mai auch jener Monat mit dem stärksten Schwarmtrieb. Daher heißt es: Aufmerksam sein. Es gibt unzählige Möglichkeiten der Schwarmverhinderung, diese alle aufzuzählen würde den Rahmen dieser Beschreibung sprengen. Eine über Jahrzehnte bewährte Methode sei jedoch erwähnt. Nämlich die Bildung eines Zwischenablegers. Mehrere Vorteile sind damit verbunden: Der Schwarmtrieb ist sofort gebrochen, es gibt weiterhin Bruttätigkeit und man kommt zu einer jungen Königin. Über die verschiedenen Durchführungsvarianten informiert die Literatur ausführlich.

Raum geben

Eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung von Schwärmen ist die rechtzeitige Gabe von Raum. Also bei Bedarf einen weiteren Honigraum aufsetzen, vor allem wenn man mit Halbzargen arbeitet, ist sehr bald – oft schon im Vollfrühling – der zweite Honigraum notwendig. Diesen schiebt man idealerweise unter dem bereits vorhandenen und gut gefüllten Honigraum.

Imker:innen mit der Jumbobrutraummethode müssen nun auf alle Fälle darauf achten, dass die Königin genug Platz zum Brüten hat. Die Rechnung ist einfach: 2.000 Eier pro Tag, 21 Tage Entwicklungszeit. Somit benötigt ein Jumbovolk im Brutraum 42.000 Zellen. Viel mehr sollte es auch nicht sein, denn das verleitet die Bienen zur Anlage von sogenannten „Pollenbrettern“ und Pollen ist bekanntlich schwarmfördernd. 


Ableger bilden

Ist man darauf aus die Völkerzahl zu erhöhen oder man möchte Reservevölker zum Ausgleich von eventuellen Winterausfällen aufbauen, dann ist jetzt die ideale Zeit der Ablegerbildung. Das ist auch eine sehr gute Möglichkeit bei einzelnen starken Völkern den Schwarmdruck zu mindern. Schlüpfende Jungbienen wollen ihren Futtersaft loswerden. Die Wegnahme von Waben mit auslaufender Brut vermindert somit die Schwarmlust und andererseits können diese Jungbienen im Ableger sofort Pflegearbeiten übernehmen.

Erste Honigernte

Hat das Wetter und haben die Temperaturen im April und der ersten Maihälfte gepasst, dann beschenken uns die Bienen bereits mit einer ersten Ernte (manchmal auch schon früher). Es versteht sich von selbst dass nur reifer Honig geerntet wird (großteils verdeckelte Waben und Spritzprobe). Halbzargen bringen den Vorteil, dass diese naturgemäß schneller zur Gänze verdeckelt sind.

Der Hochsommer

Zeigerpflanzen:
Der Klassiker unter den Trachtpflanzen des Hochsommers ist die Linde. Beginnend mit der Sommerlinde geht die Tracht nach rund zwei Wochen auf die für uns Imker weitaus wichtigere Winterlinde über. Ganz bedeutend für die Südsteiermark ist auch die Edelkastanie. Der Lavendel kann auch als gute Zeigerpflanze angesehen werden, ebenso der Weißklee.

Imkerliche Tätigkeiten:

Schwarmkontrolle

Es besteht zu Beginn dieser phänologischen Jahreszeit noch immer die Schwarmgefahr. Man sollte also weiterhin auf der Hut sein, vor allem bei längeren Schlechtwetterperioden mit wenig Flugmöglichkeit. Viele Imker:innen nutzen eine vorhandene Schwarmstimmung zum Austausch der Königin aus dem eigenen Bestand oder von einem Zuchtbetrieb. Eine Brutunterbrechung bedeutet auch einen abrupten Vermehrungsstopp für die Varroamilbe und die Bienen können sich vermehrt der Sammeltätigkeit widmen.

Honigernte

Je nach Situation wird man bemüht sein den Völkern in den Honigräumen Platz zu geben. Wenn man schon im Frühsommer ernten konnte, war das optimal. Auf alle Fälle sollte vor der Linden- und Kastanientracht der reife Blütenhonig entnommen werden. So hat man einen Sortenhonig und schafft Raum, was die Bienen motiviert mehr einzutragen.

Imker:innen mit der Jumbobrutraummethode müssen um diese Zeit schon danach trachten, dass sie die dunklen Waben an die beiden Ränder des Brutnestes bringen, wo diese nach dem Auslaufen der Brut entnommen werden können. So ist auch in dieser Betriebsweise der Wabenumsatz im 3-Jahres-Zyklus gewährleistet.


Ableger bilden

Es ist im Juni durchaus noch möglich Ableger zu bilden, diese müssen jedoch schon mit zumindest drei bis vier Brutwaben bestückt sein und sind gut zu versorgen, damit ausreichend starke Wintervölker entstehen können. Viele Imker:innen nutzen beim Abräumen der Honigzargen auch die dort ansässigen Bienen für die Bildung von Kehr- oder Kunstschwärmen.

Varroa

Im Juni sollte jeder Imker:innen sich ein gutes Bild über den Befallsgrad mit der Varroamilbe verschaffen. Verschiedene mehrfach vorgestellte und somit allgemein bekannte Diagnoseverfahren können zurecht unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es kann vereinzelt der Druck schon so groß sein, dass eine sofortiges handeln erforderlich ist. Biotechnische Maßnahmen sind eine sehr gute Möglichkeit die Varroavermehrung zu stoppen und gleichzeitig sogar den Großteil der Milben aus dem Volk zu bringen. Zunehmend macht uns Imker:innen auch die Virenbelastung zu schaffen, die ja in Folge einer starken Varroabelastung schnell zu Völkerzusammenbrüchen führen kann.

Haupternte

Im Laufe des Monats Juli steht die Haupternte an. Die Honigqualität kann durch die Imker:innen ganz wesentlich beeinflusst werden. Es sollten zwischen dem Ende der Tracht und der Honigentnahme einige Tage liegen, damit der letzte eingetragene Nektar gut verarbeitet wird. Die Honigentnahme am frühen Morgen ist aus mehreren Gründen zu empfehlen: Kein frischer Nektar und noch wenig Bienenflug und somit Räubereigefahr. Es muss schnell und möglichst bienendicht gearbeitet werden. Das Einlegen einer Bienenflucht zwei Tage vor dem Entnehmen ist eine große Hilfe. Im Schleuderraum der den Hygienevorschriften entspricht läuft idealerweise ein Luftentfeuchter und sauberes Arbeiten versteht sich von selbst.